Maschinenkraft mit menschlicher Unterstützung von Amazon
Eine Maschine kann nicht alles – noch nicht. In der Zukunft vielleicht, aber menschliche Unterstützung ist, nach wie vor, oftmals intelligenter als so mancher Computer. Twitter will eine Nachrichtenseite bauen und nimmt dazu die Manpower von Amazon in Anspruch.
Twitter möchte sich als einzigartigen Nachrichtendienst positionieren, aber sich dazu nicht allein auf Computer verlassen, sondern lässt sich dazu mit einer Masse an Amazon-Arbeitern unterstützen – und zwar über Amazons Mechanical Turk Plattform. Dazu werden heiß diskutierte Nachrichten in Echtzeit einem Thema zugeordnet und bewertet. Denn Computertechnik ist zwar sehr fortschrittlich, aber kann noch nicht wie ein Mensch denken.
Mensch mit Maschine, weil Mensch sich schneller entscheiden kann
Bei Nachrichtenmeldungen müssen richtig zugeordnet werden, dürfen aber nicht mit gleichlautenden Begriffen verwechselt werden, wenn es tatsächlich etwas anderes ausdrücken soll. Im Focus-Artikel beispielsweise wird mit dem Hashtag #bindersfullofwomen („Aktenordner voller Frauen“), auf eine Aussage von Romney zum Frauenanteil in der Politik anspielt, sollte aber nicht mit Büroausstattung (Aktenordner) verwechselt werden. Nur durch den menschlichen Verstand kann dies eindeutig identifiziert werden. Computer hingegen tun sich etwas schwerer, eine klare Unterscheidung zu finden.
Computer sind im semantischen Web immer noch langsamer als Menschen. Genauso werden Begriffe, wie etwa „ein Aktenordner voller Frauen“ spontan entworfen und können nach nur wenigen Stunden wieder völlig uninteressant sein. Ein Mensch sieht sofort den richtigen Kontext, ein Computer ist sehr viel langsamer.
Aber wie geht ein solcher Zuordnungsprozess vor sich?
Der Twitter-Algorithmus entdeckt ein relevantes Thema, ein Trending Topic. Ein solches Thema wird als solches durch die Anzahl der Tweets erkannt und zu den Amazon-Mitarbeitern als Aufgabe geschickt, die mithilfe der Beantwortung von Fragen diese Meldung dem richtigen Kontext zuordnen.
Anschließend wird die Meldung wieder an Twitter zurückgeschickt und interessierten Twitter-Nutzern angezeigt. Dabei wird diese Meldung nur denjenigen angezeigt, von denen klar ist, dass diese sich für dieses Thema interessieren – in diesem Fall also für Romney und Politik.
Für derartige Vorgänge nimmt Twitter aber keine eigene Manpower in Anspruch, sondern setzt dabei auf die Dienste der Mechanical Turk. Diese Plattform hat sich genau für derartige Aufgaben spezialisiert hat und erinnert etwas an die Plattform clickworker.
Was heißt das für die traditionellen Nachrichtenseiten?
Twitter können mit seiner perfekten Nachrichtenseite für die redaktionellen Nachrichtenseiten zu einer ernsthaften Konkurrenz werden. Newsjunkies und Interessierte in aktuelle Nachrichten könnten sich dadurch mehr Twitter zuwenden. Allerdings wird dieses Projekt erstmal noch nicht in Deutschland ausgerollt, auch für die Zukunft ist dies derzeit nicht geplant.
Die Microblogging-Plattform Twitter hat zu dieser Schiene bereits die Funktion „Discover“ für seine Nutzer bereitgestellt. Über diesen Filter können Nutzer relevante Neuigkeiten „entdecken“. Diese Funktion kann aber nur für den Nutzer wertvoll sein, wenn eine Interaktion unter den Twitter-Nutzern erfolgt. Das betrifft genauso Retweets eines Nutzers, dem man folgt, die dann, als eine „maßgeschneiderte Nachricht“ angesehen wird. Allerdings sind die daraus resultierenden Nachrichten für den Nutzer – wenn überhaupt – nur zur Hälfte brauchbar.
Warum immer noch die Hilfe von Menschen benötigt wird
Wir befinden uns zwar im Computerzeitalter, aber für gewisse Aufgaben sind Menschen durch nichts zu ersetzen. So kann ein Computer beispielsweise keine tatsächlichen Unterschiede filtern. Während Computer nur mithilfe von Algorithmen ein Thema oder einen Gegenstand „abschätzen“, haben Menschen wenig Schwierigkeiten zu einer klaren Identifikation.
Beispielsweise gleichartige Produkte kann ein Mensch auf Anhieb erkennen, ein Computer schafft nur die ungefähre Schätzung. Amazon’s Mechanical Turk ist dazu geschaffen, um Computerprogramme durch menschliche Intelligenz zu unterstützen, welche die genaue Zuordnung zum relevanten Kontext durchführt.
Die neue Twitter Nachrichtenseite könnte für die Nutzer eine Art Sammelstelle für relevante Nachrichten sein, für die sich der Nutzer auch tatsächlich interessiert. Somit muss man nicht mehr selber selektieren oder filtern, sondern erhält über Twitter gleich ausgewählte Nachrichten. Das bedeutet nicht nur eine Zeitersparnis für die Nutzer, sondern sie erhalten die Nachrichten auch effizienter nach ihren Interessen sortiert. So erhält jeder Nutzer genau die Nachrichten, die seinem Interessengebieten entsprechen.
Das erinnert ein wenig daran, was auch Google+ mit seinem sozialen Netzwerk geplant hat: Nämlich relevante Nachrichten auf der Wall anzuzeigen, die nach den Interessen des Nutzers, infrage kommen können.